Leidgeprüfte Grundstückseigentümer kennen das Problem: Ihr Wohngrundstück liegt ohne Berücksichtigung der tatsächlichen Gegebenheiten vor Ort in einer hochbewerteten Bodenrichtwertzone und verfügt über eine angrenzende, nicht bebaubare private Grün- und Erholungsfläche. Die Bodenrichtwertkarte schließt aber den gesamten Bereich ein, was zum Teil dann zu absurd hohen Grundsteuerwerten führt. Obwohl die zu hohe Bewertung offensichtlich ist, beruft sich das Finanzamt auf die gesetzlichen Vorgaben und obwohl in Finanzämtern auch sachverständige Beamte für Grundstücksbewertungen arbeiten, habe man keinen Ermessens- oder Anpassungsspielraum. So ein Fall lag wohl auch dem am 2. Dezember 2025 veröffentlichten Beschluss des Finanzgerichts Baden-Württemberg vom 16.10.2025 Az. 8 K 626/24 zugrunde:
Der Kläger ist Eigentümer eines bebauten Grundstücks. Ein großer Teil des Grundstücks
ist baurechtlich als private Grünfläche ausgewiesen und darf nicht bebaut werden.
Das Finanzamt hatte jedoch zunächst die gesamte Fläche des Grundstücks mit
dem Bodenrichtwert der maßgeblichen Bodenrichtwertzone multipliziert. Während des Klageverfahrens beauftragte der Kläger den Gutachterausschuss mit der Erstellung eines Verkehrswertgutachtens. Das Gutachten ergab allein aufgrund der Neubewertung der nicht bebaubaren privaten Grünfläche einen um 41 Prozent geringeren Verkehrswert des Grund und Bodens und führte zu einer Änderung des Grundsteuerwertbescheids zugunsten des Klägers. Obwohl der Kläger das Gutachten auch bereits im Vorfeld außerhalb des Gerichtsverfahrens hätte beibringen können, legte das Finanzgericht legte die Kosten dem Finanzamt im Rahmen des Finanzgerichtsverfahrens auf mit der Begründung: Die Bewertung des Finanzamts habe wegen der eingeschränkten Bebaubarkeit des Grund und Bodens zu einer erheblichen Überbewertung geführt. Diese sei für das Finanzamt auch ohne das Gutachten bereits offenkundig gewesen. Außerdem weist das Finanzgericht in dem Beschluss ausdrücklich darauf hin, “dass das FA zwar grundsätzlich, aber nicht ausnahmslos, an die Bodenrichtwerte des Gutachterausschusses gebunden ist.”
Man darf gespannt sein, ob jetzt auch in aktuell noch laufenden Verfahren zu den neuen Grundsteuerwerten Bewegung in die Bewertung bei offenkundig zu hohen Bewertungsergebnissen mit den veröffentlichten Bodenrichtwerten kommt und man sich bereits vor dem Gerichtsverfahren und ohne Gutachten auf einen Wert einigen kann.
Quelle: Finanzgericht Baden-Würrtemberg, Pressmitteilung Nr. 5/2025 vom 2. Dezember 2025